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25
Januar
Erste Schritte
von Schlump

Was heißt es eigentlich zu leben?
Es heißt auf die Reise zu gehen. Sich aufzumachen und die Welt zu entdecken. Es heißt losgehen und weitergehen, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Zu leben bedeutet, unterwegs zu sein und eigentlich ist das schon alles.
Wer auf eine Reise geht packt vorher seine Koffer. Dahinein kommen all jene Dinge, die für die Reise wichtig oder gar unentbehrlich sind. Doch auf die Welt kommen wir ohne Gepäck. Nackt und schreiend treten wir die Reise unseres Lebens auf dieser Erde an, ohne Koffer, ohne Habseligkeiten, ohne Anleitung. Wir haben nur uns selbst, Körper und Geist. Das Ziel der Reise ist immer die Reise selbst und der Sinn des Lebens liegt zwischen Geburt und Tod, denn obwohl der Tod das Ende des Lebens ist, ist er nicht sein Ziel.
Doch worin finde ich das Ziel meines Lebens, wenn das Ziel des Lebens das Leben selbst ist? Wahrscheinlich muss ich ihn mir selbst geben, den Sinn und damit das Ziel. Sinn-Angebote gibt es jeden Tag zuhauf. Hunderte begegnen mir jeden Morgen beim Lesen der Zeitung. Die Wissenschaft verkauft sich als unabhängig und objektiv und sie ist dem Sinn auf der Spur. Er liegt irgendwo zwischen menschlichem Genom und Paralleluniversenphysik, für den Durchschnittsmenschen keine große Hilfe. Die Kirche schickt Jesus ins Rennen oder Mohammed oder Buddha, auch wenn der selbst gar kein Prophet sein wollte. Religionen verkaufen Werte, Zugehörigkeit und Rituale. Ideologien, Linke wie Rechte, Marxisten, Militaristen und Anarchisten unterbreiten mir jeden Tag aufs Neue ein Sinn-Angebot für mein Leben. Hinzu kommen Freunde und Familie. Der Beruf möchte auch gerne mein Lebenssinn sein, das Geld lockt mit Reichtum und der Möglichkeit sich alles kaufen zu können, auch wenn gerade dort, der Sinn oft verloren geht. Das Sinn-Angebot ist so riesig und vielfältig, dass es unüberschaubar ist. Ich kann eigentlich alles zum Sinn meines Leben machen und wenn es die Herde wild rammelnder Kaninchen in meinem Garten ist.
Soweit so gut. Aber wo ist es denn nun, mein Ziel? Ich habe keinen Sinn in meinem Leben, es sei denn, die Suche nach dem Sinn ist der Sinn. Aber beißt sich die Katze dann nicht selbst in den Schwanz? Egal, mit solch nebensächlichen Fragen kann ich mich nicht beschäftigen, dafür ist das Leben zu kurz. Ich mache mich also auf die Reise auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, so wie es viele Millionen Menschen vor mir getan haben. Ich gehe los, denn das bedeutet doch zu leben. Ich entdecke die Welt, schaue unter jeden Stein, der mir begegnet, stelle Fragen und möchte Verstehen. Ich möchte reisen, in Bewegung sein, „on tour“, wie man neudeutsch so schön sagt. Allerdings gefällt mir „unterwegs sein“ trotzdem besser.
Also packe ich meine Koffer, denn ich gehe ja auf Reisen. Aber was tue ich hinein? Was braucht ein Abenteurer wie ich, für die Expedition in die Geheimnisse des Lebens? Was ist wichtig für die Suche nach dem Sinn, was gar unentbehrlich? Mut gehört dazu. Ohne Mut würde ich gar nicht erst losgehen. Vertrauen. In mich, in die Welt, in das Leben. Den Verstand nehme ich auch mit. Er bewahrt vor Tollkühnem und ist für Erklärung und Logik zuständig. Daneben lege ich die Intuition. Keine Ahnung, ob es sowas wirklich gibt, aber meine Innere Stimme war schon zu oft zu laut, als das ich sie Zuhause lassen könnte. Besonnenheit und Umsicht kommen auch mit, auch wenn der Koffer langsam voll wird. Aber sie schützen vor Affekthandlungen und lassen mich Ruhe bewahren, besänftigen den ersten Ärger und helfen einen klaren Kopf zu behalten. Und schließlich darf das Notstromaggregat, die Hoffnung, nicht fehlen, sollte ich einmal am Boden zerstört sein, ohne Zukunft, ohne Perspektive. Wenn Mut, Vertrauen, Vernunft, Intuition und Umsicht an ihre Grenzen stoßen und das werden sie tun, dann nimmt die Hoffnung ihren Platz für eine Weile ein. Ohne Hoffnung schafft man nicht mal den ersten Berg.
Da steht es also mein Gepäck für die Reise meines Lebens. Mein Marschgepäck. Mein Wanderrucksack, meine Ausrüstung. Ich schnalle es mir über den Rücken und in der Tat, das Marschgepäck motiviert. Ich reise nicht alleine. Jetzt fehlt nur noch eins: Der erste Schritt.

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